Sonntag, 7. Januar 2018

Bistum Trier / Schweiz: Paralleljustiz - Katholische Kirche schaltet bei Übergriffen die Justiz oft nicht ein

10 Prozent der Vorfälle passierten in jüngster Zeit

Die katholische Kirche in der Schweiz hat seit 2010 in allen Diözesen Anlaufstellen für von Kirchenleuten sexuell missbrauchten Menschen eingerichtet. Dort melden Opfer in den letzten Jahren im Schnitt zwei Vorfälle pro Monat, zwischen 2010 und 2017 kam es laut Informationen der Bischofskonferenz zu insgesamt gegen 250 Meldungen. Die Vorwürfe reichen von ­ungefragten Zärtlichkeiten bis zu sexuellen Attacken. Allein im J­a­nuar 2017 meldeten Opfer 22 Missbrauchsfälle, darunter auch pädophile Übergriffe von zehn Priestern im Bistum Sitten. Sie hatten zwischen 1950 und 1992 Kinder missbraucht, wie am Mittwoch bekannt wurde.

Ermittlungen oft nur kirchenintern

Tatsächlich entscheiden in manchen Fällen interne Gremien, wann die Kirche Vorwürfe selber untersucht und wann sie Strafverfolger einschaltet. Nur: Je nach Schwere sind sexuelle Übergriffe Offizialdelikte, eigentlich müssten Ermittler von Amtes wegen Verfahren einleiten, wenn sie davon erfahren würden. Auch wenn die Opfer keine Anzeige machen.

Strafverfolger warnen. Elmar Tremp, St. Galler Staatsanwalt und Mitglied des Fachgremiums «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld», sagt: «Ich rate den Kirchenleuten mit Nachdruck davon ab, in ernsthaften Fällen selbstständig Abklärungen zu treffen. Die Vertreter der Kirche, die solche Untersuchungen führen, sind zwar im kanonischen Recht gut ausgebildet, doch das macht sie nicht zu kompetenten Ermittlern.» Zudem dürfe man nicht von vornherein davon ausgehen, dass ein Opfer durch Ermittlungen erneut traumatisiert werde.

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  • Zehn pädophile Priester identifiziert: Identifiziert wurden die Priester aufgrund von Zeugenaussagen von rund zehn Opfern, die sich beim Bistum Sitten letztes Jahr gemeldet haben. Laut Gérard Falcioni, einem der Opfer, sind die Zahlen jedoch weit von der Realität entfernt. Er habe allein im Wallis rund 50 Opfer getroffen, sagte Falcioni dem Radiosender. Viele der Betroffenen wollten aber nicht öffentlich über das Erlebte sprechen. Falcioni ist zudem der Ansicht, dass die Kirche die pädophilen Priester gedeckt hat, indem diese beispielsweise in andere Kirchgemeinden versetzt worden seien. Frühere Bischöfe hätten von all dem gewusst, aber nichts dagegen unternommen. (srf.ch)